Internetvermarktung oder direkte Investorenansprache?
Viele Eigentümer wünschen sich, ihre Immobilie diskret und treffsicher ohne das Internet an den richtigen Investor zu verkaufen. Unter welchen Voraussetzungen kann das funktionieren?
Inhalt:
1. Eine wichtige Entscheidung
2. Zielgruppe der in Frage kommenden Investoren
3. Investitionsvolumen
4. Standort
5. Internetvermarktung / Vor- und Nachteile
6. Direkte Investorenansprache / Vor- und Nachteile
7. Empfehlung
1. Eine wichtige Entscheidung
Eine entscheidende Weichenstellung beim Verkauf von
- Investmentimmobilien,
- Projektentwicklungen und
- schlüsselfertigen Bauträgerprojekten (Globalverkauf)
ist der Weg, wie Sie oder Ihr Makler am besten an potenzielle Investoren herantreten sollten. Abgesehen von den nicht mehr zeitgemäßen Inseraten in Printmedien kommen dafür grundsätzlich zwei Strategien in Frage:
- Internetvermarktung
- Direkte Investorenansprache
Doch was ist nun der richtige Weg für Ihren Immobilien-Verkauf? Leider gibt es darauf keine Pauschalantwort, sondern es kommt zunächst auf folgende Dinge an:
- Zielgruppe der in Frage kommenden Investoren
- Investitionsvolumen
- Standort
2. Zielgruppe der in Frage kommenden Investoren
Zunächst ist es unerlässlich, per Zielgruppenanalyse zu eruieren, welche Typen von Investoren überhaupt für Ihre Immobilie in Frage kommen. Der Einfachheit halber soll hier nur zwischen zwei Investoren-Typen differenziert werden:
Typ-1-Investoren
Gelegentlich investierende Privatinvestoren oder Zusammenschlüsse (z.B. der Zahnarzt, der sich zur Altersvorsorge ein Mehrfamilienhaus kauft)
Typ-2-Investoren
Professionelle oder semiprofessionelle Dauerinvestoren, z.B.:
- Versicherungsgesellschaften
- Pensionsfonds
- Investmentvermögen, Kapitalverwaltungsgesellschaften
- Versorgungswerke, Pensionskassen und Zusatzversorgungsanstalten
- Kreditinstitute
- Stiftungen
- Asset-Manager
- Immobiliengesellschaften
- Unternehmen
- Vermögensverwaltungen
- Family Offices
- Vermögende Privatpersonen oder Zusammenschlüsse (z.B. als GbR)
- Projektentwickler, Bauträger
- Aufteiler
Typ-1-Investoren verhalten sich hinsichtlich ihrer öffentlichen Erreichbarkeit und Präsenz vielfach anonym und sind daher besser passiv über das Internet erreichbar, während Typ-2-Investoren meist direkt ansprechbar sind.
Kein Verkäufer oder Makler wird von sich behaupten können, einen Großteil der möglichen Typ-1-Investoren zu kennen, während dies für Typ-2-Investoren nach einem aufwändigen Research oder durch ein in Jahrzehnten entstandenes Netzwerk durchaus auch bundesweit möglich ist.
Hinsichtlich der Typ-2-Investoren ist auch noch zu erwähnen, dass durch die ausgeprägte Professionalität die Ankaufsprozesse meist sehr gut strukturiert, die Finanzierung i.d.R. gesichert und dadurch meist eine zügigere Umsetzung des Verkaufs möglich ist.
Außerdem können Typ-2-Investoren direkt nach deren verfolgter Investitionsstrategie differenziert werden, was eine zielgerichtete Vorselektion und Ansprache ermöglicht.
Im Bereich des Immobilieninvestment unterscheidet man im Wesentlichen folgende nach Risikoklassen gegliederten Investitionsstrategien:
- Core
- Core Plus
- Value Added
- Opportunistic
Die Core-Strategie an einem Ende der Bandbreite birgt das geringste Risiko, aber auch ein vergleichsweise geringes Renditeniveau (z.B. Wohnanlage in erstklassiger Lage einer Metropolstadt, bonitätsstarke Mieter, hoher Vermietungsstand und sehr guter Gebäudezustand).
Die Opportunistic-Strategie hingegen am anderen Ende der Bandbreite weist stark spekulative Züge und dafür vergleichsweise hohe Renditechancen auf (z.B. Büroimmobilie in einer C-Stadt mit signifikantem Leerstand, vergleichsweise geringen Mieterbonitäten und einem hohen Sanierungsbedarf).
Innerhalb der vorgenannten Bandbreite sind die Risikoklassen Core Plus und Value Added anzusiedeln, wobei die Übergänge fließend sind.
Teilweise sind Typ-2-Investoren auch in mehreren oder allen der vorgenannten Investitionsstrategien unterwegs, um ihr Immobilienportfolio risikoseitig zu diversifizieren.
3. Investitionsvolumen
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass „kleinere“ Immobilien tendenziell eher von Typ-1-Investoren aus dem regionalen Umfeld des Investitionsstandortes, „größere“ eher von Typ-2-Investoren sowohl regional als auch überregional nachgefragt werden.
Doch wo liegt die Grenze beim Investitionsvolumen, bis zu der somit eine Internetvermarktung bzw. ab der eine direkte Investorenansprache die bessere Wahl ist? Verständlicherweise kann es hierzu keine punktgenaue Aussage geben, da die Übergänge fließend, manchmal aber auch gar nicht gegeben sind.
Als grober Anhaltspunkt kann für Investmentimmobilien (Bestandsimmobilien) mit schwerpunktmäßig wohnwirtschaftlicher Nutzung (z.B. Mehrfamilienhäuser ohne oder mit untergeordnetem Gewerbeanteil) von einem Grenzkorridor von ca. 1,5 – 2 Mio. EUR ausgegangen werden. Bei kleineren Investitionsvolumina bis zu diesem Korridor erzielt man somit durch das Internet eine deutlich höhere Grundnachfrage der ohnehin hierfür in Frage kommenden Typ-1-Investoren, während Typ-2-Investoren meist größere Investitionsvolumina (z.B. Mehrfamilienhäuser, Wohnanlagen, ganze Portfolios) oberhalb dieses Korridors nachfragen und somit besser direkt und zielgerichtet angesprochen werden können.
Während für Investmentimmobilien mit schwerpunktmäßig wohnwirtschaftlicher Nutzung noch ein zutreffender Grenzkorridor genannt werden kann, ist dies bei anderen Assetklassen wie z.B. Büro-, Einzelhandels-, Industrie-, Logistikimmobilien, Hotels oder Pflegeheimen kaum möglich. So kann eine kleinere Büroimmobilie, ein solitärer Fachmarkt bzw. Lebensmitteldiscounter oder eine kleinere Light-Industrial-Immobilie mit einem Investitionsvolumen von 1,5 – 2 Mio. EUR durchaus sowohl für den ein oder anderen Typ-1- als auch Typ-2-Investor in Frage kommen, die Tendenz geht bei letzteren jedoch häufig in Richtung 5 oder 10 Mio. EUR Mindestinvestitionsvolumen. Auch bei Logistikimmobilien, Hotels oder Pflegeheimen fragen Typ-2-Investoren fast ausschließlich größere Investitionsvolumina nach, kleinere Objekte (z.B. ein inhabergeführtes Hotel oder Pflegeheim mit 20 Zimmern bzw. Pflegeplätzen) werden dagegen von Typ-1-Investoren nahezu gar nicht nachgefragt, so dass hier ggf. über eine ganz andere Vermarktungsstrategie (z.B. Suche nach Betreibern, die auch selbst als Investor auftreten) nachgedacht werden muss.
Der Verkauf „kleinerer“ Immobilien mit nicht wohnwirtschaftlichem Schwerpunkt ist somit leider oft problematisch, da sie weder das Interesse von Typ-1- noch von Typ-2-Investoren finden.
Der Verkauf von Projektentwicklungen (z.B. Projektpaket, bestehend aus Grundstück + Planung + Baugenehmigung) richtet sich vor allem an Typ-2-Investoren und ist demnach für die direkte Investorenansprache prädestiniert. In dem Falle ist dann das gesamte Realisierungsvolumen maßgeblich und entscheidet je nach Assetklasse darüber, ob beim Investor Interesse besteht.
Bei schlüsselfertigen Bauträgerprojekten (Forward-Deal) ist die Situation vergleichbar wie bei bestehenden Investmentimmobilien. Jedoch lässt sich beobachten, dass Typ-2-Investoren hier häufig deutlich höhere Mindestinvestitionsvolumina ansetzen als bei bestehenden Investmentimmobilien der gleichen Assetklasse.
4. Standort
Es ist ein großer Unterschied, ob sich die zum Verkauf stehende Immobilie in einer Metropolregion oder im krassen Gegensatz dazu in einer kleinen ländlichen Gemeinde befindet.
Erfahrungsgemäß lässt das Investitionsinteresse der Typ-2-Investoren in diesem Spektrum mit zunehmender „Ländlichkeit“ sehr deutlich nach, während der ein oder andere Typ-1-Investor aufgrund seiner Verbundenheit zur Region durchaus Interesse haben mag.
Eine genaue Kenntnis der Standortpräferenzen der Typ-2-Investoren ist somit sehr hilfreich.
5. Internetvermarktung / Vor- und Nachteile
Das Internet ist ein sehr gutes Instrument, um Typ-1-Investoren für kleinere Immobilien (insbesondere mit schwerpunktmäßig wohnwirtschaftlicher Nutzung wie z.B. Mehrfamilienhäuser) unterhalb des o.g. Korridors zu erreichen. Die Vorteile liegen klar auf der Hand:
- Mit den einschlägigen Immobilienportalen erzielt man eine gute Reichweite bei aktuell suchenden Typ-1-Investoren.
- Der finanzielle und zeitliche Aufwand ist relativ gering.
- Die Immobilie lässt sich online ansprechend darstellen.
Doch die Kehrseite der Medaille ist die fehlende Diskretion. Um diese zumindest ein wenig zu wahren, bieten sich in den Immobilienportalen folgende Möglichkeiten der Anonymisierung an:
- Keine Nennung der Adresse
- Keine Außenfotos oder nur von der Rückseite
Die nicht ganz zu vermeidende Identifizierbarkeit ist genau der Punkt, warum größere Immobilien möglichst nicht über das Internet offeriert werden sollten. Doch was ist dabei das eigentliche Problem?
Neben der Gerüchteküche wecken größere zum Verkauf stehende Immobilien bei manchen „Immobiliendienstleistern“ finanzielle Begehrlichkeiten, werden dann ohne Legitimation des Eigentümers anderweitig angeboten und nicht selten im Markt wahllos gestreut. Für den Eigentümer bedeutet dies einen Kontrollverlust seines Angebotes, da dessen Wege irgendwann nicht mehr nachvollziehbar sind.
Hinzu kommt, dass Typ-2-Investoren gar nicht so sehr auf im Internet angebotene Immobilien setzen und hier auch vielfach nicht aktiv suchen, da sie davon ausgehen, dass diese anderweitig nicht verkäuflich waren.
6. Direkte Investorenansprache / Vor- und Nachteile
Eigentümer größerer Immobilien legen berechtigterweise einen hohen Wert auf Diskretion beim Verkauf.
Der Königsweg ist deshalb hierfür die direkte Investorenansprache. Doch das funktioniert natürlich nur, wenn der Eigentümer oder der beauftragte Makler über die Kontakte zu den potenziellen Typ-2-Investoren verfügt.
Ferner sollte der Verkäufer oder beauftragte Makler mit der Investitionsstrategie der Investoren gut vertraut sein, um wirklich nur die Investoren mit dem Investmentangebot zu versorgen, deren Ankaufsprofil auch tatsächlich passt. Dazu ist eine sorgfältige Vorselektion erforderlich.
Eine kurze telefonische Vorabstimmung macht hier ergänzend in jedem Fall Sinn, sodass das grundsätzliche Interesse im Vorfeld geklärt und Ansprechpartner sowie Ankaufskriterien ggf. noch aktualisiert werden können.
Mit der direkten Investorenansprache ergeben sich folgende Vorteile:
- Optimierung der Marktdurchdringung
- Vermeidung unnötiger Angebotsstreuungen
- Diskretion ohne Internet und sonstige Werbung
- Zügige Verkaufsabwicklung, da die Investoren in einem engen zusammenhängenden Zeitfenster aktiv angesprochen werden können und nicht darauf gewartet werden muss, bis sich jemand meldet.
Unter der Voraussetzung, dass dem Verkäufer oder dem beauftragten Makler die möglichen Typ-2-Investoren bekannt sind, gibt es bis auf den höheren Aufwand für Vorselektion und telefonische Vorabstimmung keine nennenswerten Nachteile. Ansonsten wäre zunächst das aufwändige Research erforderlich, was jedoch den Zeitrahmen des geplanten Verkaufs sprengen würde.
7. Empfehlung
Für den Fall, dass Ihre Immobilie gemäß der Kriterien in den Abschnitten 3. und 4. eindeutig den Typ-1-Investoren zugeordnet werden kann, ist die Internetvermarktung die Verkaufsstrategie Ihrer Wahl.
Für den Fall, dass Ihre Immobilie gemäß der Kriterien in den Abschnitten 3. und 4. eindeutig den Typ-2-Investoren zugeordnet werden kann, ist die direkte Investorenansprache die Verkaufsstrategie Ihrer Wahl.
Doch was ist, wenn Ihre Immobilie für beide Investorentypen passen könnte? In dem Fall empfehlen wir Ihnen ein Zwei-Stufen-Modell:
- In einer ersten Stufe erfolgt die direkte Ansprache der Typ-2-Investoren. Da diese ja – wie oben vorausgesetzt – bekannt sind, kann dafür ein begrenztes Zeitfenster reserviert werden.
- Für den Fall, dass die direkte Investorenansprache in dem Zeitfenster nicht zum Ziel führt, wird auf die Internetvermarktung umgeschwenkt.
Von einer gleichzeitigen Durchführung beider Verkaufsstrategien raten wir jedoch ab, da Typ-2-Investoren geneigt sind, ihr Interesse zurückzuziehen, wenn sie feststellen, dass die Immobilie auch noch parallel im Internet angeboten wird.